Rede zum Haushaltsplan 2022

Ich bedanke mich, auch im Namen meiner Fraktion, bei Marion Adams und Ihrem Team für den ausführlichen und verständlichen Haushaltsplan. In der vorliegenden über 350 Seiten umfassenden Auswertung steckt viel Energie, Fleiß und Detailgenauigkeit.

Wir wollen die Menschen, die diese Worte lesen oder anhören, heute nicht mit Details über den Haushaltsplan langweilen oder verwirren, deshalb werden wir nicht das tun, was wir ursprünglich vorhatten, also Teilhaushalt um Teilhaushalt diskutieren. Bürger unserer Stadt, die mehr Details über den Haushalt wissen wollen, können sich gerne auf den bekannten Wegen an die Aktive Liste wenden und ihre Fragen stellen – oder Ende April unserem 1. Keller-Talk beiwohnen, falls wir bis dahin wieder Veranstaltungen abhalten dürfen. 

Also gibt es heute nicht das angedachte Zahlenspiel, die Suche nach Einsparpotenzialen, nicht die detaillierte Diskussion um Abschreibungen oder Auflösungen von Zuschüssen. Wir möchten in dieser besonderen Situation jedoch unsere grundsätzlichen Gedanken zum Haushalt übermitteln und den Blick auf Dinge legen, die fast schon grundsätzlich nicht gut laufen.  Wir glauben, dass die Menschen wissen sollten, was ein Haushalt aussagt und was nicht. Wir glauben auch, dass das „weiter so“ nicht der richtige Weg ist. Er war es nicht vor Corona, und er wird es nach Corona noch viel weniger sein.

Wir wünschen uns für die Zukunft, dass wir auch vermeintliche feste Blöcke ergebnisoffen diskutieren können und dies gerne in öffentlichen Sitzungen.

Wir glauben auch, dass dieser Prozess besser gelingt, wenn wichtige Themen der Zeit auch den ihnen angemessenen Platz in der Arbeit des Gemeinderats und der Verwaltung erhalten. Stichwort Ökologie und Nachhaltigkeit, Stichwort bessere Sichtbarkeit von Neckarbischofsheim als attraktive Stadt, Stichwort Verkehrskonzept. Zu diesen und anderen wichtigen Themen finden wir in diesem Haushalt noch zu wenig, auch wenn wir natürlich froh sind, dass sich unsere Verwaltung für die Reaktivierung der Krebsbachtalbahn eingesetzt hat. Wir wollen, dass sich in diesen Bereichen etwas ändert, wir glauben, wir in Neckarbischofsheim können das noch besser.

Der Haushaltsentwurf, über den es heute abzustimmen gilt, beinhaltet selbstverständlich sehr viele Punkte, die wir als Aktive Liste voll und ganz unterstützen. Den Bau des Kindergartens, das Fördern unseres einmaligen Vereinslebens (auch wenn da viel Luft nach oben ist), oder die Ausstattung unserer Feuerwehr gemäß dem aktualisierten Feuerwehrbedarfsplan. Dieser Punkt ist mir auch im Eigeninteresse sehr wichtig, und ich hoffe, dass Verwaltung und Gemeinderat zeitnah den letztes Jahr verschobenen Austauschtermin mit den Feuerwehren wahrnehmen. So finde ich es extrem wichtig, dass wir hier eine offene Diskussion führen, so dass wir die bestmögliche Sicherheit für uns alle gewährleisten können.

Wir haben uns den Plan intensiv angeschaut. Rechenfehler haben wir keine gefunden, was der akribischen Arbeit von Frau Adams zu verdanken ist. Dennoch glauben wir – und die Antworten auf unsere Nachfragen stärken diesen Glauben – dass in diesem Werk auch Kosmetik steckt. Selbst ohne Corona, ohne die nach wie vor prophezeite Wirtschaftskrise und auch ohne die Folgen der Ukraine-Krise zu beziffern, werden sich die zu leistenden Abschreibungen und auch die Auflösung von Zuschüssen deutlich nach oben bewegen. Allein dadurch wird sich der Ergebnishaushalt ins Minus bewegen. Denkt man dann noch an die ausbleibenden Gewerbesteuereinnahmen und auch den Rückgang der Einkommenssteuerumlagen angesichts von Kurzarbeit, Entlassungen und Shutdown einiger Firmen, dann sollte jeder von uns erkennen, dass es wohl kein Plus gibt.

Das bringt uns an den entscheidenden Punkt, zur entscheidenden Frage, die dieser Haushalt nicht zu beantworten vermag: Wie halten wir unseren Motor am Laufen, das heißt, wie sorgen wir für die finanziellen Rahmenbedingungen für die anstehenden Aufgaben, sprich Tuning- und Reparaturmaßnahmen, vor allem im Ergebnishaushalt, auch wenn uns die Treibstofflieferungen in Form von den obengenannten Zuweisungen und Steuereinnahmen wegbrechen sollten?

Wir müssen weg von einem: „Wir machen weiter wie bisher, wird schon klappen“, hin zu einem „Wie können wir das Potenzial jeder einzelnen Person im Ort nutzen, um gemeinsam was Einzigartiges zu schaffen?“.

Wir müssen auch darüber nachdenken, wie wir einzelne Maßnahmen strukturierter und schneller abarbeiten können, vielleicht auch durch die Auslagerung dieser Arbeiten. Wir denken in diesem Zusammenhang unter anderem an die Umbaumaßnahmen unserer Bushaltestellen, die schon viel zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Glücklicherweise ist bisher nicht passiert…

Anfangs meiner Rede habe ich gesagt, dass ich nicht einzelne Haushaltspositionen durchkauen werde. Auf 3 Punkte werde ich dennoch kurz eingehen.

Wir haben mit dem ASG eine Haushaltsposition, welche uns Jahr für Jahr immense Mittel (von mehreren 100Tsd. Euro pro Jahr) abverlangt. Ein künftig umzusetzendes Energiekonzept des „alten Kastens“ wird uns die nächsten Jahre finanziell ebenfalls belasten. Zudem tragen die aktuell sehr hohen Energiekosten nicht zu einer Entspannung unseres Haushaltes bei. Die Frage des Mehrwertes des ASG für unsere Gemeinde wurde bereits thematisiert, und auch wir sind stolz, dass wir ein Gymnasium haben. Aber ist Stolz allein ein Grund für Investitionen?

Auch das Thema Erschließung eines Neubaugebietes in Helmhof sollten wir intensiver und transparenter angehen. Denn auch hier gibt es viele Stimmen, die ein solches Gebiet befürworten. Gleiches gilt für mögliche Gemeinschaftshäuser in den drei Ortsteilen.

Auch der Kostenblock „Sanierung altes Rathaus“ sehen wir diskussionswürdig. Wollen wir wirklich immer hohe Summen in ältere Gebäude stecken ohne daraus einen finanziellen Mehrwert zu genieren. Bringen uns diese historischen Gebäude wirklich höhere Tourismuseinnahmen, so dass sich deren „Rettung“ lohnt. Hier wünschen wir uns über eine Professionalisierung im Bereich Tourismus nachzudenken, sollte sich dies als interessantes Feld für Neckarbischofsheim erweisen. 

Das war es nun mit der Betrachtung einzelner Positionen und ich komme auch langsam zum Ende meiner Rede.

Wir raten heute ausnahmsweise zu einer haushaltspolitischen Entspannungsübung. Damit sie uns nicht falsch verstehen: Natürlich können und müssen wir Wege zu einem ausgeglichenen Haushalt auch mit dem neuen Haushaltsrecht finden. Wenn uns das aber nicht gleich im ersten oder zweiten Jahr gelingt, droht uns offenbar nicht gleich die Nichtgenehmigung unseres Haushalts. Ob der Einstieg in die Kreditfinanzierung haushaltspolitisch auf die nächsten Jahre hin gesehen konstruktiv verläuft oder nicht, hängt entscheidend davon ab, ob die Entwicklung des Schuldendienstes uns einen ausreichend großen Gestaltungsspielraum für unsere sonstigen Aufgaben lässt. Das immer genau im Blick zu haben, das haben wir in den letzten Jahren verlernt, das müssen wir jetzt wieder lernen und dann wird es auch gut in Neckarbischofsheim. Die Botschaft muss sein: Keine unzeitgemäßen Investitionen in Projekte, die einzelne bzw. deren Bequemlichkeit entlasten, aber die Gesamtheit auf Dauer viel zu stark belasten.

Ich wünsche uns allen gute Gesundheit, Durchhaltevermögen, Lebensfreude, Geduld und Zuversicht für die Zukunft.  

Vielen Dank.

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